Sehr geehrte Damen und Herren,

erlauben Sie auch mir als Vertreter der GRÜNEN Fraktion ein paar Ausführungen zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2018. Der Jahreswechsel steht vor der Tür, und häufig versucht man ja die Erwartungen an das Neue Jahr in einem Motto zusammenzufassen.

Angesichts der immer weiter ausufernden Neubauaktivitäten unserer Stadt, die ohne jeden kommunalen Nutzen wertvolle landwirtschaftliche Flächen zerstören, dachte ich zunächst daran, das Wort „Flächenfraß“ als Motto meiner Rede zu wählen. Außer Landwirten, Maklern und Bauwilligen aus den benachbarten Großstädten, profitiert in Fröndenberg nämlich niemand von dem Raubbau an unserer Natur, aber dafür geht immer mehr davon unwiederbringlich verloren! Das wäre ein wichtiges und wahrhaft GRÜNES Thema gewesen. Dann jedoch wurde mir klar, dass hier in der Verwaltung und im Rat der Stadt Fröndenberg kaum jemand auch nur irgendetwas mit diesem andernorts überaus gängigen Begriff des Flächenverbrauchs anzufangen weiß. Hier hält man sich wie vor 30 Jahren für pfiffig und bauernschlau, wenn es mal wieder gelingt, die zum Schutz der Umwelt geschaffenen Vorschriften mit möglichst wenig Aufwand zu umdribbeln! Da meine Mühe somit weitgehend umsonst gewesen wäre, bin ich dann also noch mal in mich gegangen…

Der Begriff, der sich nach meiner Meinung für das kommende Jahr nun im zweiten Anlauf geradezu aufdrängt, ist sicher das Wort „Aufbruch“. Ich will mal damit beginnen, dass unsere Stadt, nach langen Jahren der kommunalen Lethargie, zu neuen Ufern aufbricht. Was hat sich unsere Stadt nicht alles für die kommenden Jahre auf ihre Fahnen geschrieben:

  • die Umplanung unserer Innenstadt mit einem vorgeschalteten städtebaulichen Wettbewerb
  • die massive Modernisierung unserer Schulen
  • den Anschluss großer Teile Fröndenbergs an zeitgemäße Kommunikationsleitungen
  • die Entwicklung eines Gewerbegebiets auf der grünen Wiese usw.

Ob sich alle Hoffnungen die Verwaltung, Bürgerschaft oder Politik mit diesen Projekten verbinden, tatsächlich erfüllen lassen, wird die Zukunft zeigen.

Drei Fakten stehen jedoch in jedem Fall fest:

  1. Gäbe es etwa für Schulmodernisierungen oder Breitbandausbau derzeit keine üppig gefüllten Fördertöpfe, bräuchte man über viele der Projekte noch nicht einmal ernsthaft nachzudenken.
  2. Gute Konjunktur und Beschäftigungslage geben finanzielle Spielräume und führen dazu, dass in diesem Jahr z.B. die Kreisumlage nicht wieder zum alles erdrosselnden Faktor wird.
  3. Große Teile der Politik und Verwaltung stellen mit der Weiterentwicklung des Gewerbegebiets Schürenfeld immer mehr ungedeckte Schecks auf die zukünftige Entwicklung aus und fahren die Verschuldung der Stadt nebenbei in bislang ungeahnte Höhen.

Jedem ist wohl klar, dass wir weiter extrem abhängig von Entwicklungen sind, die nicht im kleinen Fröndenberg ihre Ursache haben oder von hieraus auch nicht nennenswert zu beeinflussen sind. Trotzdem ist es natürlich richtig, Gelegenheiten beim Schopf zu packen, denn zu Recht fordern viele Bürger, die wir ja seit Jahren mit erhöhten Abgaben zum Haushalt dieser Stadt beitragen lassen, dass ihre Gelder nicht alle nur konsumtiv und damit weitgehend unsichtbar in den üblichen Haushaltstiteln versickern, sondern sich dadurch auch die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt zum Positiven entwickeln soll!

Spätestens an der Stelle will ich zugeben, dass mir, wie vermutlich den meisten Kommunalpolitikern hier, der in unserer Stadt seit Jahren betriebene Sparhaushalt, insbesondere in der Zeit des Haushaltssicherungskonzepts, massiv auf die Nerven gegangen ist! Das ist nun kein Aufruf zum „Freibier für alle“, aber es ist ja leider auch so, dass man von 2010 bis heute kaum nennenswerte Verbesserungen im Lebensumfeld wahrnehmen konnte, weil unsere klamme Stadt ja mit leerem Beutel keine großen Sprünge machen durfte. So ist es für den einen oder anderen jüngeren Verwaltungsmitarbeiter oder Kommunalpolitiker vermutlich das erste Mal, dass sie in unserer Stadt so etwas wie Aufbruchstimmung verspüren. An uns allen liegt es, die angestoßenen Projekte nun auch mit Grips und Engagement zum Erfolg zu führen.

Womit ich nun zu einer weiteren Bedeutung des von mir für 2018 gewählten Mottos „Aufbruch“ komme. Ich bin nämlich tatsächlich der Meinung, dass von uns alte und lange eingefahrene Verhaltensweisen AUFGEBROCHEN werden müssen, wenn der Frust in der Bürgerschaft und die allseits beklagte Politikverdrossenheit nicht weiter um sich greifen soll! Ich will das an zwei Beispielen aus dem aktuellen Haushalt deutlich machen. Das eine sind die in den Haushalt eingestellten Planungskosten für ein neues Stadion an der Graf-Adolf-Straße und das andere sind die Kosten für einen Parkplatz am Sportplatz in Langschede. Zur Erinnerung: Als vor Jahren in Frömern und Langschede von den dortigen Fußballvereinen der Wunsch nach Kunstrasenflächen geäußert wurde, hat die Politik in dieser Stadt – zurecht, wie ich nach wir vor finde – einhellig auf eine Kofinanzierung durch die Vereine von 50 Prozent bestanden. Von der Stadt gab es jeweils 250.000 Euro, den Rest haben die beiden Vereine mit Fleiß und Kreativität selbst gestemmt! Das Vorgehen der Politik war hier fair und transparent!

Nun haben sich zwei weitere Fußballvereine und ein Verein für Leichtathletik zusammengetan, um ein komplett neues Stadion an der Graf-Adolf-Straße zu bekommen. „Zu bekommen“ sage ich deshalb, weil sich die Vereine in der Innenstadt, nach allem was man hört, wohl nicht in der Lage sehen, mit ihren Mitgliedern das von den beiden Vereinen in den Ortsteilen seinerzeit geforderte Engagement zu erbringen.

Nun wird jeder unbedarfte steuerzahlende Bürger wohl sagen: „Tja, dann kann das hier ja wohl nichts werden…“, aber weit gefehlt!

Da werden Ratsvertreter massiv beackert, die Presse x-mal bemüht und letztlich ein Phantasieprodukt namens „Sport-Park-Ruhr“ ersonnen, das dann alle Überzeugungen der Vorjahre in Frage stellen soll. Plötzlich geht es darum eine große sportliche Klammer vom Stadion bis zur Skateranlage zu fixieren, um dabei dann auch mit dem eigenen Stadion trotz fehlender Eigenleistung zum Zuge zu kommen. In diesem Haushalt finden sich nun also 30.000 Euro Planungskosten zur „Realisierung des Stadions“ im Rahmen des Ruhrsportparks. Außer mit ein paar bunten Presseluftballons hat man zwar noch nicht darlegen können, wie sich denn nun Skater und Tenniscracks im Himmelmannpark und Fußballer und Weitspringer im Stadion gegenseitig befruchten sollen, aber darum geht es ja auch gar nicht, es geht um die IDEE! Eigentlich geht es auch nicht um die Idee, sondern um Nebel oder besser um Nebelkerzen. Die Kicker und die Leichtathleten wollen nämlich möglichst lange vernebeln, dass sie nicht willens oder in der Lage sind, nennenswerte Eigenbeiträge zum Stadionneubau zu leisten. Dieses Eingeständnis offen verkündet, würde vermutlich das flotte Aus für die Neubaupläne bedeuten! Also kreiert man eine Schaufensteridee namens Sport-Park-Ruhr, kann sich hinter diesem visionären Großprojekt verstecken und bekommt auf diesem Weg schon mal 2018 die Planungskosten für das Stadion finanziert. Und wenn Politik und Verwaltung schon mal über diese Hürde gesprungen sind, fällt es dann vielleicht auch schwerer, in den kommenden Jahren noch mal auf die Finanzierungsbremse für die restlichen Stadionkosten zu treten. Diese Taktik mag nun jeder finden wie er will, 2018 jedenfalls scheint sie zu tragen!

Was dabei jedoch übersehen wird, ist Folgendes: Die Vereine in Langschede und Frömern wurden genötigt massive Eigenleistungen zu erbringen, der Schweiß der Sportler dort floss in Strömen und nach dieser Erfahrung haben sie daher das neue Projekt, die Eigenleistungen und die Finanzierung fest im Auge. Das ist wie in einer Familie, da gehen Ungerechtigkeiten nun mal gar nicht und Tricksereien sind verpönt! Man sollte die dort Verantwortlichen, übrigens ebenso wie die Masse der Kommunalpolitiker, nicht für so beschränkt halten, dass sie nicht merken, welches Spiel hier gerade läuft! Nebenbei sei bemerkt, dass es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass die beiden älteren Kunstrasenplätze nun auch schon massiv erneuerungsbedürftig sind – und das zeitgleich zum gewünschten Stadionneubau! Dadurch kommt dann in den Folgejahren noch mal zusätzlich Druck auf den Kessel!

Das bringt mich zu meinem nächsten Beispiel, anderer Fall, gleiche Akteure. Als die Sportfreunde in Frömern seinerzeit neben dem Kunstrasenplatz einen neuen Parkplatz forderten, wurde dieser Wunsch von Politik und Verwaltung mit ein paar Fuhren Schotter und dem Verweis auf Eigenleistungen abgefunden! Die Kicker in Langschede haben ihren Parkplatz-Ball vor Jahren dann auch mal in die Politik geschossen und wurden seinerzeit auf die bestehenden Parkplätze im näheren Umfeld verwiesen – es gab nichts!

Nun jedoch hat sich nach bewährtem Muster eine Partei in die Riege der Nebelwerfer eingereiht und kreativ den Ruhrtalradweg ins Spiel gebracht – denn jeder weiß: „Tourismus geht immer!“ Nun dient der Parkplatz am Stadion in Langschede auf einmal nicht mehr dem Verein, lauffaulen Zuschauern oder Helikoptereltern, die ihre kickenden Kinder am liebsten bis zum Anstoßkreis mit dem Auto fahren. Nein, jetzt geht es um vermeintliche touristische Heerscharen von Ruhrtalradler, die mit dem Auto anreisen und für ihr Fahrzeug angeblich in Langschede krampfhaft nach einem Parkplatz suchen, um dann mit ihren huckepack transportierten Rädern durchzustarten. Wer sich einmal die Mühe macht und die Zahl der parkenden Autos mit Radträgern dort in Langschede zählt wird schnell erkennen, dass Parkprobleme ausschließlich durch Besucher und Nutzer des Sportplatzes verursacht werden. Im Haushalt finden sich sage und schreibe 75.000 Euro, mit dem man dem Verein noch schnell einen Gefallen tun will, bevor anschließend das nächste Fass, nämlich die Erneuerung der Spielfläche, aufgemacht werden wird!

Letztlich ist es egal, welche sogenannte „Volkspartei“ zuerst für einen Verein das Wort ergreift, die andere zieht schnell nach, weil man im nächsten Wahlkampf Schwierigkeiten befürchtet und letztlich es ja nur Steuergelder sind, nicht wahr! Was lernen wir aus beiden aktuellen Vorgängen? Zum einen, dass der Kreativität im Hinblick auf die Erlangung von Mitteln aus dem Steuertopf kaum Grenzen gesetzt sind. Zum zweiten, dass sich immer wieder dieselben Parteien finden, die sich für die Anliegen eines Vereins ohne Rückgrat und ohne Verständnis der größeren Zusammenhänge dumpf vor den Karren spannen lassen. Zum dritten, dass die Nutznießer entweder mit offener Dummheit oder chronischer Vergesslichkeit der anderen Beteiligten rechnen. Und letztlich und das ist mir der wichtigste Punkt, dass die allseits beklagte Politikverdrossenheit und der schlechte Ruf der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker auch daher rührt, dass wir wie gerade dargestellt, am laufenden Band inkonsequente und auch ungerechte Entscheidungen fällen und sich die Mehrzahl der Stimmberechtigten hier im Rat dabei von kleinen und „ach-so-gewitzten“ Gruppen wie Ochsen durch die Manege führen lassen! Oder wie es ein alter Fußballfreund aus meiner Zeit in den Jugendmannschaften des SV Frömern kürzlich drastisch aber präzise auf den Punkt brachte: „Ihr Holzköpfe in der Politik werdet mal wieder hinter die Fichte geführt und merkt es nicht mal!“

Es ist ja wohl nicht zu viel verlangt, Gleiches auch gleich zu behandeln und einmal gefasste Beschlüsse nicht ohne zwingenden Grund aufzugeben! Absagen und Beschränkungen sind nämlich von uns Entscheidungsträgern nur dann glaubhaft zu vertreten, wenn sich der betroffene Personenkreis darauf verlassen kann, dass die für ihn geltenden Regeln auch im nächsten gleichgelagerten Fall zur Anwendung kommen – man nennt das verlässliches und konsequentes Handeln, und das ist die Grundlage von politischer Seriosität, der Akzeptanz demokratischer Entscheidungen und Bürgernähe und damit das Gegenteil von Klientelpolitik, Willkür und Wählertäuschung!

Ich kann hier also nur noch einmal an uns alle appellieren, alte Verhaltensweisen aufzubrechen und mit transparenten und sachorientierten Entscheidungen mehr Akzeptanz bei den Bürgern zu erreichen.

Für die GRÜNEN kann ich den steuerzahlenden Bürger in dieser Stadt versprechen, dass wir weiter hellwach sind und tun was wir können, um gute und faire Entscheidungen zu erreichen. Aber da die Mehrheiten hier im Rat nun mal sind wie sie sind, kommt es hier immer wieder zu Beispielen der politischen Selbstverzwergung der Mehrheitsfraktionen, das ist übel – insbesondere auch für das Ansehen der Kommunalpolitik!

Zusammenfassend nun die Positionen meiner Fraktion zu einigen ausgewählten Haushaltsansätzen:

  1. Wir freuen uns darüber, dass unser Antrag zur Anlage von Blühstreifen Eingang in den Haushalt gefunden hat und danken den anderen Fraktionen für die im Vorfeld signalisierte Unterstützung.
  2. Wir begrüßen den auf Grund von Fraktionsanträgen erhöhten Ansatz für die Straßenunterhaltung ebenso wie den Antrag, ein Schadenskataster für die städtischen Straßen zu erstellen, was die Erstellung eines zielgerichteten und langfristigen Sanierungskonzepts möglich machen soll.
  3. Die Kreditermächtigungen und die Erschließungskosten für das Schürenfeld lehnen wir weiter ab und beantragen getrennte Abstimmung.
  4. Gleiches gilt für die veranschlagten Kosten für den Parkplatz des SV Langschede, die schlecht getarnten Planungskosten für das Stadion und den verlorenen Zuschuss für das Freibad in Dellwig.

Am Ende geht unser Dank, wie in jedem Jahr, an die Verwaltung und hier insbesondere an Herrn Freck und sein Finanzteam, die es erneut geschafft haben das umfangreiche Zahlenwerk zu erstellen und auch die Geduld aufgebracht haben, es uns Kommunalpolitikern verständlich zu erläutern. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

Martin Schoppmann
Vorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Fröndenberg/Ruhr