Redebeitrag von Andrea Molitor, stellvertretende Farktionsvorsitzende DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Fröndenberg am 14.12.2022 zum Bebauungsplan Nr. 119 der Stadt Fröndenberg „Auf dem Buhrlande“ im Ortsteil Ardey

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte heute noch einmal ein paar zusammenfassende Worte zum Bebauungsplan „Auf dem Buhrlande“ an Sie alle richten.

Für die Verschiebung dieses Tagesordnungspunktes wie im ASU und Hauptausschuss von uns vorgeschlagen, gab  es leider keine Mehrheit. Es wäre für uns alle eine Chance gewesen, sich mehr Zeit zu nehmen für eine kritische Auseinandersetzung mit dem komplexen Gefüge aus Bebauungsplan, Erschließungsvertrag, Grunderwerb und Straßenausbau. Es wäre zudem eine Chance gewesen, sich in Fröndenberg erstmals für ein Baugebiet zu entscheiden, welches in die Zukunft gerichtet ist. 

Zur Verdeutlichung möchte ich uns daher kurz ein paar Grundsätze ins Gedächtnis rufen, zu denen wir uns bisher schon klar bekannt haben und zu deren Einhaltung wir uns verpflichtet haben. 

Folgende Grundsätze zeigen u.a. die nachhaltige Bedeutung dieser heutigen Entscheidung auf: 

  • Die Stadt Fröndenberg hat im Jahre 2019 den Klimanotstand erklärt.
  • Der Stadtrat hat Anfang November 2022 einstimmig ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, das Klimaneutralität bis zum Jahre 2045 vorsieht.
  • Auch sieht unser Klimaschutzkonzept „Leitlinien für ein klimafreundliches Bauen“ als eigenes Handlungsfeld vor. Leider ist im vorliegenden Buhrlandplan davon nur wenig zu finden.
  • Zudem hat die SPD Fröndenberg  am 05.02.2021 einen Antrag mit dem Thema „Grundsätze für nachhaltiges Bauen in der Stadt Fröndenberg“ gestellt. Er enthält viele positive Ansätze zum Umwelt- und Klimaschutz für die Gestaltung von Bebauungsplänen für Neubaugebiete.
    Hiervon ist leider nur sehr wenig in den Bebauungsplan „Auf dem Buhrlande“ eingeflossen, was die Vertreter der SPD aber nicht zu stören scheint. 
  • Die GRÜNE Fraktion hat diesen Antrag mit einem Ergänzungsantrag vom 11.05.2021 noch einmal nachgeschärft.

Die Frage, warum es beide Anträge bis heute nicht auf die Tagesordnung eines Fachausschusses geschafft haben, konnte die Verwaltung bisher noch nicht befriedigend beantworten. Schon längst hätte der Rat also verbindliche „Grundsätze für nachhaltiges Bauen in Fröndenberg“ festlegen können und dies wäre für die heutige Entscheidung eine gute und wichtige Grundlage gewesen.

Mit der Zustimmung zum Beschlussvorschlag heute wird somit wieder eine Chance verpasst zu zeigen, dass wir in Fröndenberg den Klimaschutz wirklich ernst nehmen. 

Wie ernst wir GRÜNEN es meinen, möchte ich mit ein paar Beispielen aus unseren Einwendungen aufzeigen, die leider allesamt keine Berücksichtigung durch die Verwaltung fanden – nicht einmal ansatzweise:

  • Im Neubaugebiet sollen ca. 30 Bauplätze unter Inanspruchnahme von ca. 28.000 qm gutem Ackerland ausgewiesen werden.
    Dem gegenüber stehen in dem erst kürzlich veröffentlichen  Baulückenkataster über 100 potentielle und für die Bebauung geeignete Baulücken im Innenbereich. 

Für uns ist leider nicht erkennbar, dass die Verwaltung bereits vor bzw. mit dem Aufstellungsbeschluss die Verfügbarkeit von Freiflächen ausreichend geprüft hat! Denn erst jetzt wurden mit dem Baulückenkataster Teil 2, auch Flächen aufgezeigt, die weitgehend erschlossen und planungsrechtlich dem Innenbereich gemäß §34 zuzuordnen sind. (Teil 2 enthält Bauland, für das Baurecht gemäß § 34 BauGB ohne weitergehende Festsetzungen.) Bis dahin hatte man sich im Baulückenkataster Teil 1 darauf beschränkt, Baulücken in Geltungsbereichen von Bebauungsplänen, Städtebaulichen Verträgen, Vorhaben- und Erschließungsplänen und anderen Satzungsbereichen.

Erhebliche Potentiale in der Innenentwicklung wurden bis dahin nicht aufgezeigt!

  • Für das Baugebiet wird Landschaftsschutzgebiet in Anspruch genommen, obwohl dafür keine Notwendigkeit bestand. Man hat hier klar und deutlich den wirtschaftlichen Interessen des Investors Vorrang vor dem Klimaschutz und dem Erhalt der freien Landschaft gegeben. 

Auch besagt eine landesplanerische Zielvorgabe, dass Planungen und Maßnahmen der Innenentwicklung Vorrang haben vor der Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich. Eine Ausweisung in die freie Landschaft ist daher nicht vertretbar, sondern sollte Anlass sein die Planungen nochmals zu überprüfen.

Und wenn die Ausweitung des Baugebiets aufgrund der politischen Mehrheiten schon nicht zu verhindern ist, dann sollte man zumindest nach den Kriterien planen, zu denen sich unsere Stadt mit dem Klimanotstand und dem verabschiedeten Klimaschutzkonzept selbst verpflichtet hat. 

Auch hierzu ein paar Beispiele dazu aus unseren Einwendungen:

  • Die ausgewiesenen Grundstücksflächen sind größer als es aktuelle Klimaschutzkriterien vorsehen und auch größer als es die landesplanerischen Vorgaben ausweisen.

Eine flächensparende und bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung muss sich auch an die vorhandene Bebauung anpassen. Daher haben wir vorgeschlagen, Reihenhäuser und Doppelhäuser auf deutlich kleineren Grundstücken einzuplanen.

Die Verwaltung vertritt allerdings die Auffassung: „Auf zu „kleinen“ Grundstücken könne eine an gängigen Wohnverhältnissen angemessene Nutzung nicht mehr festgesetzt werden“. Was dieser Satz eigentlich bedeuten soll, erschließt sich auch bei mehrmaligem Lesen nicht!

  • Im Bebauungsplan werden Gründächer vorgeschrieben. Gründächer sind durchaus wertvoll, um eine Abkühlung in einer dichten Bebauung und auch eine gewisse temporäre Wasserspeicherung zu ermöglichen.

Viel wichtiger und effektiver für den Klimaschutz wäre jedoch die von uns vorgeschlagene PV- und/oder Solarthermiepflicht gewesen. Auch ohne eine gesetzliche Verpflichtung wäre es für unsere Stadt zulässig und richtig gewesen, entsprechende Festsetzungen vorzunehmen. Den Hinweis aufzunehmen, die Statik des Daches bei Gründächern so auszulegen, dass nachfolgend auch noch eine PV-Anlage installiert werden kann, findet ebenfalls keine Berücksichtigung.

  • Zur Niederschlagswasserbeseitigung und damit auch zur Vermeidung von Überschwemmungen nach Starkregenereignissen will man ein Mulden-Rigolen-System bauen. 

Unserem Vorschlag, das Regenwasser auch auf der eigenen Grundstückfläche versickern zu lassen, wurde unter Hinweis auf mangelnde Flächenverfügbarkeit und dem oftmals zu beobachtenden unfachmännischen Betrieb nicht gefolgt. Auch die Anregung, die Nutzung von Regenwasser in Haus oder Garten durch den Bau von Zisternen zu unterstützen, wurde von der Verwaltung abgelehnt. Es wäre ein ökologisch und wirtschaftlich sinnvoller Beitrag zur Reduzierung des Frischwasserbezugs gewesen.Selbst ein Hinweis auf vorbereitende Maßnahmen für eine Regenwassernutzung ist nicht vorgesehen.

Der Stellungnahme der Verwaltung steht übrigens in klarem Widerspruch zu einem Beitrag des Umweltbundesamtes von August 2022, zu finden auf dessen Internetseite. Dort wird auf die Wichtigkeit der Verwendung von Regenwasser und dem nachhaltigen Nutzen hingewiesen. https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/garten-freizeit/regenwassernutzung#hintergrund

Es wird somit nach dem Willen der Verwaltung weder eine Versickerung, noch eine Nutzung für Regenwasser, ob gefördert oder nicht, auf den Grundstücken geben.

  • Kurz noch zur Nutzung von zentralen Energieerzeugungs- und Speicherungsanlagen für erneuerbare Energien in einem Neubaugebiet.
    Als Beispiel sei hier die Stadt Soest zu nennen. Sie hat im Baugebiet „Neuer Soester Norden“ ein zentrales Kaltwärmenetz installiert, an das alle errichteten Häuser angeschlossen werden. 

Unser Vorschlag, dies auch „Auf dem Buhrlande“ vorzusehen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ein solches Netz nicht die Bebauungsplanebene, sondern die Ausbauplanung beträfe. Wenn man aber alle Häuser anschließen möchte, muss dies natürlich vorher eingeplant werden.
Im Übrigen wurden auch alle anderen Konzepte einer zentralen Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energie, wie sie z. B. auch im gerade verabschiedeten Klimaschutzkonzept angeregt werden, abgelehnt.

Soweit ein paar Beispiele aus unseren Einwendungen.

Zusammenfassend lehnen wir diesen Bebauungsplan ab, weil er rückwärtsgewandt und „business as usual“ ist. Wir hätten hier die Chance gehabt, ein Vorzeigebaugebiet zu entwickeln, welches im Wissen und in Kenntnis der Klimakatastrophe auch zukünftigen Generationen hätte gerecht werden können.

Ein bisschen grüne Schminke hier und da, macht aus einer üblichen Baugebietskonzeptionierung noch keine ökologische Mustersiedlung!

Für solche Siedlungen gibt  es gute Beispiele in der Nachbarschaft und sicherlich auch Fördertöpfe.  Wenn aber Zeit UND guter Wille fehlen, dann kann hier in unserer Stadt nichts Zukunftsweisendes entstehen!

Und wenn man dann noch Stimmen hört die sagen, wir wollen das Thema „Auf dem Buhrlande“ endlich vom Tisch haben, kann ich nur sagen, wir wünschen uns mehr Nachdenklichkeit für mehr Nachhaltigkeit!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Andrea Molitor
stellvertretende Fraktionsvorsitzende