Die Digitalisierung gestalten

 

Wir Grüne kämpfen für ein offenes, gemeinwohlorientiertes Netz. Wir wollen den digitalen Wandel gerecht gestalten und setzen uns für Verantwortung, Freiheit und Recht im Netz ein. Netzpolitik und Digitalisierung sind zentrale politische Querschnittsaufgaben für eine moderne Gesellschaft. Im Mittelpunkt stehen für uns eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur, der freie und gleichberechtigte Zugang zum Netz für alle, der Schutz unserer Privatsphäre und persönlichen Daten, sowie eine modernisierte Verwaltung.

Smartphones, soziale Netzwerke, Online-Handel, (teil-)autonome Autos, Pflegeroboter, immer leistungsfähigere künstliche Intelligenz, Automatisierung in der Produktion: Der digitale Wandel verändert alle Lebensbereiche, ob Arbeit, Wirtschaft, Sozialleben oder Bildung. Digitalisierung passiert nicht einfach, wir können und müssen sie politisch und gesellschaftlich aktiv gestalten – und zwar jetzt.

Viele digitale Dienstleistungen erhöhen unsere Lebensqualität, vom Zugang zu Wissen und Informationen, über Open Data und onlinebasierter Bürgerbeteiligung bis hin zu Carsharing oder intelligent gesteuerter Stromversorgung. Gleichzeitig sind viele Menschen verunsichert. Ständig müssen wir erreichbar sein, marktmächtige Internetkonzerne erstellen mit persönlichen Daten detaillierte Profile über uns, einDatenskandal jagt den anderen, digitale Identitäten werdenübernommen und auch im Netz wächst der Hass.

Mit der Digitalisierung können wir Produktion, Vertrieb und Konsum sparsamer, effizienter und damit auch ökologisch nachhaltiger und verbraucherfreundlicher machen. Beispiele liefern eine neue Online Sharing-Community, der Einsatz von 3D-Druckern oder die intelligent gesteuerte Energienutzung. Es gibt Wissenszugänge(die Wikipedia), neue Finanzierungsmodelle (z.B. über Crowdfunding) und gänzlich neue Geschäftsmodelle, denn der digitale Wandel erleichtert vielen den Zugang zum Markt. Bildung und Gesundheit können gerade im ländlichen Raum durch digitale Angebote unterstützt werden.

Um die vielfältigen Chancen des digitalen Wandels nutzbar zu machen, müssen wir den digitalen Wandel gestalten und marktmächtigeAnbieter regulieren. Soschaffen wir Rechtssicherheit für alle Beteiligten und schützenGrundrechte (z. B. über hohen Datenschutz undbeste IT-Sicherheitsstandards), ermöglichen ein freies Handeln im Netz, Innovation und fairen Wettbewerb.

Das Recht auf digitale Selbstbestimmung, ein innovativer Daten- und Verbraucherschutz, beste IT-Sicherheit, echte Chancengleichheit undBarrierefreiheit sind essentiell für eine lebenswerte digitale Gesellschaft. Offenheit ist dabei ein zentrales Leitprinzip: Offene Daten, Offene Software und in offenes Netz (Netzneutralität) können zu einer demokratischen Debattenkultur, mehrTransparenz und Online-Bürgerbeteiligung beitragen. Mühsam erkämpfte Rechte unserer demokratischen Gesellschaft müssen wir auch online durchsetzen. In der digitalen Welt müssen wir für Freiheit, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Demokratie und gegen Hass, Hetze und Gewalt genauso streiten wie in der analogen.

Die politische Gestaltung des digitalen Umbruchs lahmt seit Jahren. Ihre visionslose Digitale Agenda ist im Zuständigkeitschaos der Bundesregierung untergegangen und Deutschland verliert international zunehmend den Anschluss. Viel zu oft dient die Digitalisierung als Vorwand, mühsam erkämpfte Bürgerrechte und offene Netzstandards Stück für Stück abzubauen. Wir wollen gestalten und Bürgerrechte verteidigen.

 

 

Das haben wir vor: So gestalten wir Digitalisierung

 

Digitale Infrastruktur: Schnelles und neutrales Internet.

Wir wollen einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet für alle einführen, mit der Zugangsgeschwindigkeit, die heute schon von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird. Parallel dazu wollen wir die verbleibenden Telekom-Aktien im Bundesbesitz im Wert von rund 10 Milliarden Euro veräußern und eine Breitband-Infrastruktur-Gesellschaft gründen. Diese soll den Glasfaser-Ausbau insbesondere auf dem Land voranbringen, wo es immer noch weiße Flecken in der Grundversorgung gibt, um so die digitale Spaltung von Stadt und Land zu überwinden. Das Breitband-Förderprogramm des Bundes wollen wir so anpassen, dass die Verteilung der Fördergelder sich stärker an den tatsächlichen Versorgungslücken orientiert. Im Mobilfunkbereich werden wir darauf bestehen, dass die Unternehmen spätestens zum 01.01.2020 eine Breitbandversorgung mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/spro Antennensektor sicherstellen, so dass in der Regel Übertragungsraten von 10 Mbit/s zur Verfügung stehen. Außerdem wollen wir Verbraucherinnen und Verbraucher stärken, so dass sie auch mit den Geschwindigkeiten surfen können, die ihnen in der Werbung versprochen wurden. Verstöße wollen wir stärkersanktionieren. Wir unterstützten offene und kostenfreie WLANs/Freifunk. Wir wollen kein Zwei-Klassen-Internet. Die Netzneutralität, also die gleiche Behandlung aller Nutzerinnen und Nutzer und aller Inhalte, ist zentral für eine nutzer- und innovationsfreundliche Netzpolitik.

Digitaler Daten- und Verbraucherschutz: Gleiche Rechte analog wie digital.

Wir wollen klare rechtliche Vorgaben für die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von Kundendaten. Die Datenschuzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern sowie die Verbraucherschutzverbände wollen wir institutionell und personell stärken. Wir wollen, dass Geräte und Software ab Werk mit höchsten Datenschutzeinstellungen versehen werden (privacy-by-design/privacy-by-default). Zudem brauchen wir verpflichtende Sicherheitsupdates. Und wir wollen höchste IT-Sicherheitsstandards, insbesondere für das „Internet der Dinge“ (zum Beispiel vernetzte Haushaltsgeräte wie Drucker, Fernseher, Kühlschrank). Zur Wahlfreiheit im Netz gehört es, auch Anbieter und Plattformen unkompliziert wechseln zu können („Interoperabilität“) und zwischen diesen zu kommunizieren wie es bei Mail-Providern selbstverständlich ist. Ebenso gehört dazu bei digitalen Gütern wie E-Books oder Musik die erworbenen digitalen Inhalte bei einem Wechsel in andere Systeme mitnehmen zu können. Wie andere Bücher oder wie CDs müssen digitale Inhalte auch weiterveräußert, also verschenkt oder verkauft werden können. Buchungs- und Vergleichsportale wollen wir verpflichten, ihre Betreiber, ihre Finanzierungsmodelle und von ihnen bewertete Anbieter transparent offen zu legen.

Digitale Wirtschaft: Modernisierung unter fairen Bedingungen.

Ob bei der Energiewende, der Mobilität oder im Gesundheitsbereich: Wir wollen faire Rahmenbedingungen für Wettbewerb, innovationsfreundliche Märkte und kein Unterlaufen von Arbeits- und Sozialstandards. Die Vielfalt digitaler Angebote muss durch ein modernes Wettbewerbsrecht ermöglicht werden. Große Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon und Co. verändern die Art und Weise, wie wir leben und wie unsere Wirtschaft funktioniert, rapide. Auch sie müssen ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden – und beispielsweise Steuern zahlen. Monopolartige Strukturen wollen wir aufbrechen. Die öffentliche Hand als Hüterin eines fairen Wettbewerbs wird immer wichtiger. Wir setzen uns deshalb für eine Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts, welches die Informations-, Markt- und Datenmacht einzelner Unternehmen stärker begrenzt und Verstöße durch starke Aufsichtsbehörden effektiv sanktioniert.

Modernisierung der Verwaltung.

Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht eine transparente, proaktive und barrierefreie Verwaltung auf Augenhöhe. Um Transparenz zu garantieren, Beteiligung zu ermöglichen und die Legitimität politischer Entscheidungen zu erhöhen, wollen wir E-Government-Angebote weiter ausbauen. Das sogenannten Once-Only-Prinzip (einmal anmelden, Daten weitergeben, Datenschutz beachten), innovativer Datenschutz und beste IT-Sicherheit sind längst wichtige Standortfaktoren in Deutschland und Europa.

Digitale Bürgerrechte: freiheit#vernetzt#sichern.

Ein Mensch unter ständiger Beobachtung ist nicht frei. Eine flächendeckende Erfassung und Dauer-Beobachtung ist mit einer freiheitlichen Demokratie nicht vereinbar. Der Terrorismus stellt zweifellos eine reale Bedrohung dar und erfordert effektive, zielgerichtete Maßnahmen. Wir schützen unsere Gesellschaft aber nicht, indem wir jeden Schritt aller Bürgerinnen und Bürger flächendeckend und weitgehend unkontrolliert überwachen. Die völlig unverhältnismäßigen Datensammlungen nützen wenig bei der Terroraufklärung. Sie werden aber selbst zum Sicherheitsrisiko, auch weil Geheimdienste IT-Sicherheitslücken aus Eigeninteresse offen halten, anstatt sie im Sinne der Sicherheit aller zu schließen. Wir fordern die Rücknahme anlassloser Vorratsdatenspeicherungen, eine wirksame Kontrolle der Arbeit der Geheimdienste und eine staatliche Meldepflicht für Sicherheitslücken. Zudembrauchen wir einen verbessertengesetzlichen Schutz von Hinweisgeberinnen und -gebern (Whistleblower-Schutzgesetz). Außerdembrauchen wir klare rechtliche Vorgaben für den polizeilichen Einsatzvon verfassungsrechtlich umstrittenen Instrumenten wie der Quellen-Telekommunikationsüberwachungund der Onlinedurchsuchung („Staatstrojaner“). So lange es diesenicht gibt, lehnen wir diese unverhältnismäßig tief in diedigitalen Bürgerrechte eingreifenden Maßnahmen ab. Gleiches giltfür die Ausweitung dieser Instrumente auf den Geheimdienstbereich.

Digitale Demokratie: Debattenkultur stärken.

Hass und Hetze nehmen auch im Netz zu – zu Lasten der demokratischen Debattenkultur und politischer Willensbildung. Die Plattformbetreiber stehen auch weiterhin in der Verantwortung Persönlichkeitsrechte, Kommunikationsfreiheiten und Rechte auf Privatheit zu wahren.Betroffene von Hass-Reden und das Vertrauen in die Kommunikation im Netz müssen besser geschützt werden, u.a. durch schnelle wie sorgfältige Löschung von strafbaren Inhalten. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wird diesen Herausforderungen in seiner heutigen Form nicht gerecht. Wir wollen demokratische Diskurse, Wahlen und Referenden schützen, intransparente Einflussnahmen zurückdrängen und Gerichte, Beratungsangebote und Medienkompetenz stärken.